Die Schulhilfe reicht nicht aus?

Reichen die institutionalisierten Unterstützungsmaßnahmen wie schulinterne Schulhelfer*innen, der sog. „I-Status“ oder auch der Fahrdienst nicht aus, damit ein*e Schüler*in gleichberechtigt schulische Bildungsangebote wahrnehmen kann, können Leistungen zur Teilhabe an Bildung im Rahmen der Eingliederungshilfe gem. §§ 75, 112 SGB IX in Betracht kommen.

Die­ser Anspruch muss von den Eltern für ihr Kind beim Teil­ha­be­fach­dienst im Jugend­amt bean­tragt wer­den. Der Anspruch zielt dabei auf die Bedürf­nis­se des Ein­zel­nen ab und wel­che unter­stüt­zen­den Maß­nah­men indi­vi­du­ell not­wen­dig sind, damit Bil­dungs­an­ge­bo­te gleich­be­rech­tigt wahr­ge­nom­men wer­den können.

Hier­über kön­nen bei­spiels­wei­se die Unter­stüt­zung durch (wei­te­re) Schul­hel­fer­stun­den finan­ziert wer­den, wenn die von der Schul­ver­wal­tung zur Ver­fü­gung gestell­ten Hil­fen nicht aus­rei­chen. Eben­so wenn die Unter­stüt­zung durch den oder die vom Jugend­amt finan­zier­ten Schulhelfer*in geeig­net und erfor­der­lich ist, um dem Kind eine sei­nen Fähig­kei­ten und Leis­tun­gen ent­spre­chen­de Schul­bil­dung zu ermög­li­chen. Dabei ist eine Bestä­ti­gung der Schu­le hilf­reich. Die Schu­le beschreibt den kon­kre­ten Bedarf des Kin­des und erklärt, dass die dort vor­han­de­nen Hil­fen nicht ausreichen.

Vor­aus­set­zung hier­für ist, dass bei einer Schü­le­rin oder einem Schü­ler eine wesent­li­che Behin­de­rung besteht, die zu einer Beein­träch­ti­gung der Teil­ha­be an Bil­dung führt. Auch wenn sich eine sol­che Behin­de­rung noch nicht mani­fes­tiert hat, aber droht, kön­nen Leis­tun­gen der Ein­glie­de­rungs­hil­fe in Betracht kommen.

Beruht die Beein­träch­ti­gung auf einer see­li­schen Behin­de­rung ergibt sich der Anspruch zusam­men mit den §§ 75, 112 SGB IX aus § 35a SGB VIII. Zustän­dig ist in die­sem Fall der soge­nann­te Jugend­hil­fe­trä­ger. Bei sons­ti­gen (kör­per­li­chen, geis­ti­gen, Sin­nes- oder Mehr­fach-) Behin­de­run­gen ergibt sich der Anspruch zusam­men mit den §§ 75, 112 SGB IX aus § 99 SGB IX (vor­her §§ 53, 54 SGB XII) und der sog. Ein­glie­de­rungs­hil­fe­trä­ger ist zuständig.

In Ber­lin sind in bei­den Fäl­len, also für alle Kin­der und Jugend­li­chen unab­hän­gig von der Art der Behin­de­rung, die Teil­ha­be­fach­diens­te der Jugend­äm­ter (am Wohn­sitz des Kin­des oder Jugend­li­chen) zuständig.

Der Antrag auf Leis­tun­gen zur Teil­ha­be an Bil­dung kann nur von den sor­ge­be­rech­tig­ten der Schü­le­rin oder des Schü­lers gestellt wer­den. Ins­be­son­de­re bei der erst­ma­li­gen Bean­tra­gung von Leis­tun­gen der Ein­glie­de­rungs­hil­fe ist in der Regel ein amts­ärzt­li­ches Gut­ach­ten erfor­der­lich. Dabei wer­den Kin­der und Jugend­li­che mit see­li­schen Behin­de­run­gen vom Kin­der- und Jugend­psych­ia­tri­schen Dienst (KJPD) und alles ande­ren Kin­der- und Jugend­li­chen vom Kin­der- und Jugend­ge­sund­heits­dienst (KJGD) untersucht.

Besteht ein zusätz­li­cher Bedarf an Unter­stüt­zung, der durch die Schu­le bzw. die Schul­ver­wal­tung nicht gedeckt wird, dür­fen die Jugend­äm­ter den oder die Schüler*in nicht mit dem Hin­weis auf einen bes­se­ren Per­so­nal­schlüs­sel auf ein Son­der­päd­ago­gi­sches För­der­zen­trum ver­wei­sen, wenn der oder die Schüler*in von der Schul­ver­wal­tung einer Regel­schu­le zuge­wie­sen wur­de. Denn die jewei­li­ge Schul­zu­wei­sung durch die Schul­ver­wal­tung ist auch für die Teil­ha­be­fach­diens­te der Jugend­äm­ter ver­bind­lich. Zudem kön­nen man­che Schüler*innen selbst an den son­der­päd­ago­gi­schen För­der­zen­tren mit dem dort vor­han­de­nem Per­so­nal nicht aus­rei­chend unter­stützt wer­den kann, so dass auch für die­se Schüler*innen ein Anspruch auf Schul­hel­fer­stun­den über die Jugend­äm­ter besteht.

Anders als die schul­in­ter­nen Schul­hel­fer­stun­den kön­nen Leis­tun­gen zur Teil­ha­be an Bil­dung vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt (bei Leis­tun­gen nach § 35a SGB VIII) bzw. vor dem Sozi­al­ge­richt (bei Leis­tun­gen nach § 99 SGB IX) ein­ge­klagt werden.

Rechts unter Dou­ku­men­te“ fin­den Sie das Rund­schrei­ben Nr. 1 / 2020 der Senats­ver­wal­tung für Bil­dung, Jugend und Fami­lie zur Umset­zung des Bun­des­teil­ha­be­gest­zes im Bereich Jugend in Ber­lin. Unter Punkt 5. fin­den sich wert­vol­le Infor­ma­tio­nen zur Abgren­zung der Leis­tun­gen Teil­ha­be an Bil­dung und der Leis­tun­gen zur Sozia­len Teilhabe.

Wich­tig: Leis­tun­gen zur Teil­ha­be an Bil­dung sind vom Teil­ha­be­fach­dienst Jugend vor­ran­gig vor den ande­ren Leis­tungs­ar­ten zu gewäh­ren und für die Eltern ein­kom­mens­un­ab­hän­gig immer zuzahlnungsfrei.

Bit­te beach­ten Sie: Schul­hil­fe ist eine schul­stru­ku­rel­le Maß­nah­me und wird der Schu­le von der Bil­dungs­ver­wal­tung zur Ver­fü­gung gestellt. Eine Schul­as­sis­tenz, die wie oben beschrie­ben, beim Teil­ha­be­fach­dienst Jugend bean­tragt wird, stellt eine indi­vi­du­el­le Leis­tung zur Teil­ha­be an Bil­dung für das ein­zel­ne Kind dar.

Rundschreiben Nr. 1 / 2020